Schnellladenetz für E-Lkw: „Ein längst überfälliger Schritt“

Road Services, 16. Oktober 2024

Die Bundesregierung plant, deutschlandweit mindestens 350 Standorte mit Schnellladepunkten für Lkw aufzubauen, um den Straßengüterverkehr auf batterieelektrische Fahrzeuge umzustellen. Wir haben zu dieser Diskussion mit Jörg Rotthowe, unserem Geschäftsführer Road Deutschland gesprochen und ihn nach seiner Meinung über die Rolle von Elektro- und anderen alternativen Antrieben gefragt. 

Herr Rotthowe, was halten Sie von den Plänen des Bundes zum Aufbau eines Lkw-Schnellladenetzes? 

Jörg Rotthowe: Das ist ein längst überfälliger Schritt! Ein leistungsfähiger Güterkraftverkehr benötigt eine flächendeckende Versorgung mit Ladetechnik, die speziell für den Schwerverkehr geeignet ist und den Fahrern leicht zugänglich gemacht werden kann. Ähnlich wie wir heute ein umfassendes Tankstellennetz haben, brauchen wir auch eine entsprechende Ladeinfrastruktur. 

 

Wie viele Elektro-Lkw hat die Geis Gruppe derzeit in ihrem Fuhrpark und gibt es Pläne, diese Zahl weiter zu erhöhen? 

Aktuell sind 14 Elektro-Fahrzeuge in unserem Fuhrpark im Einsatz – vom Sprinter bis zur Sattelzugmaschine. Im kommenden Jahr planen wir eine Verdoppelung dieser Zahl. Auch für die Folgejahre haben wir klare Wachstumsziele, vorausgesetzt die Infrastrukturmaßnahmen zum Aufbau des Lkw-Schnellladenetzes greifen rechtzeitig.  

 

In welchen Bereichen sehen Sie den Einsatz von Elektro-Lkw als besonders sinnvoll an? 

Elektro-Lkw sind überall dort sinnvoll, wo eine geeignete Ladeinfrastruktur vorhanden ist und eine hohe Produktivität erreicht werden kann. Hohe Laufleistungen machen den Einsatz klimafreundlicher und wirtschaftlicher. 

 

Mit welchem finanziellen und praktischen Aufwand ist derzeit die Anschaffung eines Elektro-Lkw verbunden? 

Derzeit liegen die Anschaffungskosten für einen Elektro-Lkw je nach technischer Ausstattung etwa beim Drei- bis Vierfachen eines konventionellen Diesel-Lkw. Diese hohen Kosten resultieren meines Erachtens weniger aus technischen Gründen als vielmehr aus Fragen der Produktionseffizienz und dem aktuellen Absatzvolumen. Hinzu kommen infrastrukturelle Anpassungen, die ebenfalls kostenintensiv sein können. 

 

Was muss passieren, damit sich die Anschaffung von Elektro-Lkw künftig lohnt? 

Langfristig müssen die Gesamtkosten für den Einsatz eines klimaneutralen Lkw gleich oder günstiger sein als bei konventionellen Diesel-Lkw – dabei müssen alle Folgekosten wie Klimaschäden berücksichtigt werden. Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, wird sich die Umstellung auf klimaneutrale Antriebe sowohl ökologisch als auch ökonomisch lohnen. 

 

Auf welche alternativen Antriebsformen setzt die Geis Gruppe aktuell und welchen räumen Sie die größten Zukunftschancen ein? 

Kurzfristig setzen wir auf HVO, das ist ein klimafreundlicher Dieselersatz aus biologischen Rest- und Abfallstoffen. Dieses Jahr haben wir bereits sechs Millionen Liter HVO für unsere Flotte bestellt. Der Vorteil liegt darin, dass HVO sofort mit vorhandener Antriebstechnik genutzt werden kann. Langfristig sehen wir einen Technologiemix aus HVO-Diesel, Elektroantrieben, Bio-LNG und Wasserstoff als zielführend an. Jede Antriebsform hat spezifische Vorteile abhängig vom Einsatzgebiet und der verfügbaren Infrastruktur. 

 

Welche Rolle könnten Ihrer Meinung nach Elektro-Antriebe künftig im Lkw-Bereich spielen? 

Die Rolle der Elektro-Antriebe hängt stark von der technischen Weiterentwicklung der Batterien ab sowie von der Verfügbarkeit der notwendigen Rohstoffe unter fairen Bedingungen. Ebenso entscheidend ist unsere Fähigkeit, auf europäischer Ebene eine umfassende Ladeinfrastruktur inklusive einer klimaneutralen Stromversorgung aufzubauen. Die Effizienz von E-Lkw-Antrieben ist heute konkurrenzlos hoch, was es wert macht, erheblich in die Schaffung der nötigen Rahmenbedingungen zu investieren. 

 

Vielen Dank für das Gespräch!